Grammatik:    Richtung   und   Perspektive
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Wenn ein Bildwort ein körperliches Objekt darstellt, muß man 2 Dinge unterscheiden:     die räumliche Ausrichtung des realen Objekts und die subjektive Perspektive, aus der ein Text-Betrachter das Objekt (oder eine ganze Szene) zu sehen glaubt.

Beide Dinge sind intuitiv vom Betrachter erfaßbar und benötigen eigentlich keine Theorie. Doch diese vertieft das Verständnis. Und für Informationsauswertung durch Computer sind Regeln unverzichtbar, da ein Computer weder die natürliche Ausrichtung eines Objekts kennt noch die Perspektive eines Bildworts erkennen kann.




Perspektive einzelner Worte

Die Bildworte der Lautbildschrift stellen Dinge aus verschiedenen Perspektiven dar, die von der Ausrichtung des realen Objekts abhängen:


Ausrichtung des realen ObjektsPerspektive des BildwortsBeispiele
senkrechtSeitenansicht
waagrechtDraufsicht
Ansicht von
schräg oben
keine Vorzugsrichtungwahlfrei, die zur
Darstellung optimale


Dinge mit schräger Ausrichtung kommen in der Natur kaum vor. Das entsprechende Bildwort zeigt das Objekt meist in Seitenansicht, möglichst so, daß die Schräge erkennbar ist (schräge Zeichen nötig!)

Es gibt 2 Arten der Darstellung: Spitze / Kopf im Bild oben oder unten. Bei in der Natur senkrechten Objekten (Mensch, Pflanze, Haus) hat man keine Wahlfreiheit (Mensch hat Kopf oben, nicht unten), bei anderen Objekten teilweise schon (vgl. Fisch - Ratte).



Ein Objekt wird in der Perspektive dargestellt, die möglichst alle folgenden Forderungen erfüllt:

- Aus dieser Perspektive sieht ein Mensch das Objekt normalerweise
- Aus dieser Perspektive läßt sich das Objekt am besten darstellen
- In dieser Perspektive paßt das Objekt am besten in einen Bildsatz (s.u.)


Am häufigsten ist deshalb die senkrechte Perspektive. Sie ist zweckmäßig bei Objekten, die eine senkrechte Symmetrieachse haben (aber nicht völlig flach sind). Auch senkrechte Vorgänge wie regnen, fallen werden im senkrechtem Schnitt dargestellt.



Änderung der Ausrichtung durch ein Zusatzwort

Normalerweise stellt ein Bildwort auch im Satz ein Objekt immer in derselben "natürlichen" Ausrichtung dar wie als einzelnes Wort.

Durch Vorsetzen von Verben wie liegen, schräg sein, quer liegen, verdreht sein, auf dem Kopf / der Spitze stehen, wanken, kippen, umfallen, umwerfen, rotieren, wirbeln etc. kann man klarmachen, daß das Objekt eine andere Ausrichtung hat als normalerweise.

Strikt von der objektiven Ausrichtung (z.B. stehend) zu unterscheiden ist die subjektive Perspektive, aus der der Betrachter ein Bildwort zu sehen glaubt. Sie bleibt zwar, wenn möglich, auch im Bildsatz dieselbe. Doch sie ändert sich meist in einem Satz mit Bildworten mit verschiedenen Perspektiven, s.u.



Perspektive von Sätzen






Obige Bildsätze faßt man automatisch als Seitenansicht (senkrechten Schnitt durch eine Szene) auf, aus folgenden Gründen:

- Alle Bildworte haben eine senkrechte Perspektive
- Alle Bildworte einer Spalte können als "übereinander" interpretiert werden






Obige Bildsätze faßt man automatisch als Draufsicht von schräg oben auf, aus folgenden Gründen:

- Man hat eine Mischperspektive. Denn manche Bildworte sind in Seitenansicht dargestellt (Schranke, Haus, Baum ...), manche in Draufsicht (Straße, Teich ...). Den Widerspruch zwischen den verschiedenen Einzelperspektiven löst der Betrachter auf, indem er sozusagen automatisch einen Standpunkt oder Blickwinkel einnimmt, aus dem er jedes einzelne Bildwort aus einer annähernd richtigen Perspektive sehen kann - eben die Ansicht von schräg oben.
Das heißt, die Perspektive einzelner Bildworte ändert sich: Der Betrachter faßt jetzt die - eigentlich in Draufsicht gezeigte - Straße oder den Teich als Ansicht von schräg oben auf, genauso wie das - eigentlich in Seitenansicht gezeigte - Haus und die Bäume.
(Es ändert sich nur die subjektive Perspektive, aber nicht die objektive Ausrichtung der Objekte: Der Teich ist weiterhin flach, der Baum senkrecht)

- Bäume können nicht aufeinander oder übereinander stehen: Das Bild kann also kein senkrechter Schnitt sein. Wenn die Bäume hintereinander liegen würden, müßte (zumindest vor dem ersten Baum) das Wort "liegen" vorkommen.




Eine Schrägdraufsicht-Perspektive (3-dimensionale Ansicht) kann man auch erzielen durch Verwendung von Zwischenraum:

Im Bild oben links sind der Baum in der 2. und 4. Spalte durch das Wort "waagrechter Zwischenraum" (waagrechter Strich) nach hinten verschoben. Deshalb wirkt das Bild wie eine Schrägdraufsicht.

Die Zwischenraum-Striche wirken meist störend, belasten das Bild optisch. Schönere Bilder sind möglich, wenn es einen auch einen Spaltenanfangspartikel gibt, der Spalten etwas hochgehoben beginnen läßt (Bilder oben Mitte und rechts).
siehe Artikel "Grammatik: der Bildsatz", letzter Abschnitt "Erweiterungen"

Eine Schrägdraufsicht-Perspektive kann man auch suggerieren durch Wortfolgen in einer Spalte wie "Mensch (Gesicht sichtbar) Mensch (Gesicht unsichtbar, d.h. Kopf nur als Punkt dargestellt)" oder "Baum Baumkrone (eines anderen Baumes)" oder die Wortfolge "Haus Hausdach (eines anderen Hauses)". Die letzten 2 Wortfolgen können aber auch einen senkrechten Schnitt durch eine Szene darstellen, bei der die hinteren Objekte höher sind.








Obige Bildsätze faßt man automatisch als seitlich schräge Perspektive auf (ansonsten als senkrechten Schnitt durch eine Szene): Die relativ große Person ist im Vordergrund, die anderen, relativ kleinen Objekte empfindet man als viel weiter weg.

Eine solche seitlich schräge Perspektive kann auch bei einer Folge von Bildsätzen auftreten: Z.B. kann man die ersten Bildsätze dieses Artikels so interpretieren: Auf dem Boden stehen Schale, Glas und Flasche; daneben steht ein Mensch; daneben ein umzäuntes Haus; ganz im Hintergrund die Berge.


Natürlich könnten bei einer seitlich schrägen Perspektive auch die relativ kleinen Dinge links im Bild stehen, die relativ großen rechts. Doch umgekehrt ist es besser, denn:

- In der Natur erfaßt man ein Objekt im Vordergrund zuerst
- In der Lautbildschrift erfaßt man die linke Spalte zuerst,
  weil man spaltenweise v.l.n.r. liest
- Um das optische Erfassen beim Lesen mit dem in der Natur zu
  harmonisieren, sollte also der Vordergrund links im Satz stehen
  (bei seitlich schräger Perspektive. Bei Ansicht von
  schräg oben ist der Vordergrund unten im Bild)





Links oben ein Beispiel für eine seitlich schräge Perspektive, bei welcher der Vordergrund aus mehr als einer Spalte besteht. Daß starke Maßstabsunterschiede von Bildworten nicht immer eine Perspektive suggerieren, zeigt das Bild rechts oben: Bildworte mit großem und kleinem Maßstab sind so vermischt, daß sich daraus keine verjüngende Perspektive ableiten läßt. Der Kaktus ist hier Symbol für Gelände mit Kakteen, die Kokospalme Symbol für die Küste mit tropischer Vegetation.





Perspektive von Sätzen:   Zusammenfassung

Beim Bildsatz sind (ähnlich wie beim Bildwort) folgende Perspektiven möglich:

- senkrechter Schnitt   (klar, aber auf Dauer zu steif)

- Draufsicht von schräg oben    (lebendig, 3-dimensional,
  nur hier können Bildworte verschiedene Perspektiven haben)


- direkte Draufsicht von oben   (extrem selten)

- ohne räumliche Orientierung     (ein Kreis oder eine Szene der Geometrie
   kann Draufsicht oder Seitenansicht sein)


- perspektivlos   (z.B. ist bei abstrakten, logischen oder mathematischen Aussagen
   eine räumliche Vorstellung unnötig, wenn auch manchmal möglich und nützlich)


Wir betonen hier nochmals, daß man die Lautbildschrift sprechen kann, ohne sich die Bildwörter im Geiste vorzustellen. (Man kann sie sogar sprechen lernen, ohne zu wissen, daß die Worte, mit entsprechenden Buchstaben geschrieben, Ideogramme ergeben).

Man muß nur, wie auch in anderen Sprachen, die räumliche Anordnung und Ausrichtung der Dinge wiedergeben.   (Bei einigen Dingen ohne feste natürliche Ausrichtung, z.B. Hammer, Speer, muß man die im Bildwort dargestellte Ausrichtung - Kopf unten oder oben - auswendig lernen (damit der geschriebene Bildsatz korrekt ist), doch ist die zweckmäßigste Ausrichtung meist erratbar. (Vergleichbar dem grammatikalischen Geschlecht in manchen Sprachen)

Die jeweilige Perspektive, ob z.B. Worte einer Spalte hinter- oder übereinander stehen, kann man auch am gesprochenen Text erkennen: In der Spalte "Baum Baum" z.B. gelten die Bäume als hintereinander stehend, weil sie nicht übereinander stehen können. In der Spalte "Baum Sonne" dagegen wird man die Sonne als über dem Baum interpretieren.

In der Schriftsprache kann man natürlich die Darstellung austüfteln, um möglichst natürliche, schöne und übersichtliche Bildsätze zu erhalten.


Fragen der Perspektive werden auch hier berührt:
- Dreidimensionale Modelle von Bildsätzen
- Wortkombinationen: Mehrseiten-Ansichten
- 2 Dinge übereinander
- Bildschachtelung

Die Benutzung der hier beschriebenen Mechanismen ist frei                 Stand 22.6.2007