Grammatik:    2  Dinge  übereinander

Wir untersuchen bzw. definieren hier, welche Bedeutung es hat, wenn wir 2 Lautbildschrift-Worte für sichtbare Dinge (keine Grammatikpartikel, Mengenbegriffe oder Verben) in einer Spalte übereinander schreiben. Es bedeutet zunächst immer, daß beide Dinge, subjektiv vom Betrachter aus gesehen, sehr nahe übereinander sind. Die tatsächliche, objektive Situation kann aber sehr unterschiedlich sein:






1: Tanne - Sonne "Die Sonne steht über einer Tanne" Beide Dinge sind sehr weit voneinander entfernt. 2: Glas (mit Stiel) - menschliches Gesicht "Über einem Stielglas ist ein menschliches Gesicht zu sehen" Beide Dinge sind nahe beieinander (Vielleicht hält der Mensch das Glas, oder es steht vor ihm auf einem Tisch). 3: Möbelstück - Schale "Auf einem Möbelstück steht eine Schale" Hier berühren sich beide Dinge, eins steht auf dem anderen. 4: Vase - Tulpe: "In einer Vase steckt eine Tulpe" Hier überlappen sich beide Dinge, die Tulpe ist teilweise in der Vase. 5: Schale - Wasser "Da ist eine Schale mit Wasser" Das Wasser ist ganz in der Schale enthalten (aber oben nicht von ihr umschlossen). (Je nachdem ob obige Kombinationen von 2 Worten ein ganzer Satz sind, oder innerhalb eines Lautbild-Satzes vorkommen, fällt die deutsche Übersetzung etwas anders aus.) Hier noch einige Beispiele zum Fall "Ein Ding enthält teilweise ein anderes": 1: Schale - Traubenhenkel "Schale mit Traubenhenkel" 2: Nest - brütender Vogel "Nest mit brütendem Vogel" In Beispiel 1 und 2 enthält das untere Ding teilweise das obere. In Beispiel 3 und 6 ist es umgekehrt, das obere Ding umfaßt teilweise das untere: 3: Toilette - sitzender Mensch "Mensch sitzt auf Toilette" 4: Wasseroberfäche - Rahsegler "Rahsegler auf dem Wasser" Das Wasser enthält teilweise das Schiff (den unteren Teil des Rumpfes) 5: Regal - Geschirr "Regal mit Geschirr" 6: Eierkopf - Hut "Eierkopf mit Hut" 7: umgreifende Hand - brennende Kerze "Hand hält brennende Kerze"

Wir fassen obige Beispiele in einer Grammatikregel zusammen:

Loslass-Regel:     Das Verhältnis von 2 (in einer Spalte) übereinanderstehenden Wörtern für körperliche Dinge (keine Vorgänge) ist so definiert:
Man bringt (gedanklich) beide Dinge in die gezeigte Position (d.h. eins über das andere) und läßt sie los. Die Position bzw. Beziehung, die sie dann in Wirklichkeit einnehmen würden, gilt als Sinn dieser Wortgruppierung.



D.h.: Die Sonne verändert ihren Standpunkt nach dem (gedanklichen) Loslassen überhaupt nicht. Aber die Schale würde auf das Möbelstück fallen, die Tulpe in die Vase, das Wasser in die Schale, das Schiff aufs / ins Wasser, der Hut auf den Kopf, die Kerze in die offene Hand.
Bei letzterem Beispiel darf man es nicht so genau nehmen, noch weniger beim Beispiel mit dem Regal: Das Geschirr wäre nach der Loslass-Regel nur auf dem obersten Regalboden - doch darf man sich in diesem Beispiel auch vorstellen, daß das Geschirr sich teilweise auf den unteren Regalböden befindet.

Ist ein Behälter oben geschlossen, z.B. ein Schrank, dann bedeutet ein folgendes Wort nie, daß diese Sache im Behälter ist: 'Schrank - Schale' bedeutet "Schale auf Schrank" (nicht "Schale in Schrank": in diesem Fall müßte man zusätzlich das Verb "enthalten" verwenden).

Bäume gelten als oben offen, unten geschlossen: Die Wortfolge 'Baum - Nest' bedeutet meist "Nest im Baum": Nach der Loslass-Regel würde sich das Nest irgendwo im Baum verfangen. Tatsächlich sind Nester aus Schutzgründen meist im, selten oben auf dem Baum.


Die Benutzung der hier beschriebenen Mechanismen ist frei           Stand:  22.8.2006