Die Molekül-Grammatik            o -o- o

eine einfache, anschauliche Grammatik für künstliche Sprachen



Übersicht

Eine Molekül-Grammatik ist eine einfache, regelmäßige Grammatik für künstliche Sprachen. Bei ihr verbinden sich Worte zu Sätzen in ähnlicher Weise, wie sich Atome zu Molekülen verbinden.   Wir unterscheiden 2 Arten von Molekül-Grammatiken:

Unsichtbare Molekül-Grammatik:   jedes Wort hat eine definierte Bindungsfähigkeit.
Daraus ergibt sich die Gesamtstruktur eines Satzes.

Sichtbare Molekül-Grammatik:       kein lexikalisches Wort kann ein anderes binden.
Die Verknüpfung erfolgt durch Grammatikworte (Partikel).

Vorteile: Eine Molekülgrammatik kommt mit wenigen Regeln und Partikeln aus, ist also weit einfacher als die bekannten Grammatiken. Sie zeigt spielerisch-anschaulich die Struktur jedes Satzes mit nur wenigen Zeichen! Die Verbindung von Worten und Wortgruppen innerhalb eines Satzes ist immer eindeutig!   Das ist für Menschen vorteilhaft, ermöglicht aber auch die Satzanalyse per Computer.




Beispiele

In den Beispielsätzen benutzen wir deutsche Wörter, deren Bindungsfähigkeit wir festlegen. Jede Bindung deuten wir durch einen Strich an.

Unsichtbare Molekül-Grammatik:

                 Vogel  -singen-  Lied

                    o     -o-      o

Das Wort 'singen' bindet hier das Wort 'Vogel' in definierter Weise (als Subjekt) an sich, das Wort 'Lied' als Objekt:   "Ein Vogel singt ein Lied"
Wenn wir nur die Satzstruktur zeigen wollen, ersetzen wir jedes Wort durch einen Kringel und erhalten die Molekül-Darstellung: jedes Wort ist als Atom dargestellt, die Striche zeigen seine Bindungsfähigkeit.

Sichtbare Molekül-Grammatik:

                 Vogel  a  singen  o  Lied

                    o   -    o     -   o

Die Wörtchen a und o sind Grammatikpartikel (man könnte sie hilfsweise mit 'tut' und 'zu' eindeutschen):     a   zeigt die Subjekt - Verb Bindung an,   o   die Verb - Objekt Bindung.




Eine unsichtbare Molekül-Grammatik:

Die 3 Bindungstypen

Analog zur Wertigkeit eines Atoms, die besagt, wieviele Bindungen mit anderen Atomen es eingehen kann, definieren wir die grammatische Bindungsfähigkeit von Worten: Ein Wort bindet entweder kein anderes Wort an sich, oder das vorige, oder das vorige und das folgende.   Wir bezeichnen dies als Bindungsfähigkeit 0, 1, 2
Im ersten Beispiel oben hat das Wort 'singen' die Bindungsfähigkeit 2, 'Vogel' und 'Lied' die Bindungsfähigkeit 0. Statt als Molekülkette   o -o- o   können wir die Satzstruktur noch einfacher darstellen als Ziffernfolge   0 2 0   (jede Ziffer symbolisiert 1 Wort und seine Bindungsfähigkeit).




Anzahl Bindungengebundenes WortAtomdarstellungBeispiele
0keines oVogel
Baum
Lied
1voriges-o-schweben
-fliegen
2voriges +
folgendes
  -o--sehen-
-bewegen-
-und-
-wie-
Die 3 Bindungstypen von Worten


Diese Bindungstypen haben eine Entsprechung in fast allen natürlichen Sprachen:
Substantive (z.B. 'Baum') sind vom Bindungstyp 0, Adjektive, Adverbien und Verben ohne direktes Objekt (z.B. 'fliegen') vom Bindungstyp 1, Verben mit direktem Objekt (z.B. 'bewegen') vom Bindungstyp 2. Aber in den natürlichen Sprachen ist alles viel umständlicher, siehe den Artikel   Molekül-Grammatik in natürlichen Sprachen





Satzbeispiele

Die Beziehungen zwischen den Worten sind immer eindeutig, sie ergeben sich aus der konstanten Bindungsfähigkeit der Worte.   Deshalb ist auch der Satzsinn immer klar.


Sätze mit nur 1 bindenden Wort:
Es gibt nur diese 2 Satzstrukturen:

                 Vogel  -fliegen

                    o     -o

                 Vogel  -singen-  Lied

                    o     -o-      o

Sätze mit nicht benachbarten bindenden Worten:
Bindende und gebundene Worte folgen im Satz abwechselnd aufeinander.   Beispiel:


             Vogel  -singen-  Lied  -schön

               o      -o-      o     -o

In diesem Satz bindet 'singen' die Worte 'Vogel' und 'Lied' an sich, als Subjekt und Objekt. Und 'schön' bindet das Wort 'Lied' an sich. Beide Bindungen kollidieren nicht miteinander, sondern fassen die ganze Wortfolge zu 1 Satz zusammen mit der Bedeutung: "Ein Vogel singt ein schönes Lied".   Ein anderes Beispiel:


      Kind  -hören-  Vogel  -singen-  Lied

        o     -o-      o      -o-      o

'hören' bindet 'Kind' und 'Vogel' an sich. 'singen' bindet 'Vogel' und 'Lied' an sich. 'Vogel' ist einmal Objekt, einmal Subjekt, doch beides kollidiert nicht miteinander. "Ein Kind hört einen Vogel, der ein Lied singt" , "Ein Kind hört einen Vogel ein Lied singen".


      Kind  -hören-  Vogel  -singen-  Lied  -schön

        o     -o-      o      -o-      o      -o

Derselbe Satz wie oben, nur 1 Wort länger:   'schön' beschreibt 'Lied' näher, ohne die Satzstruktur zweideutig zu machen: "Ein Kind hört einen Vogel ein schönes Lied singen".



Sätze mit benachbarten bindenden Worten:

            Vogel  -fliegen  -schön

              o      -o       -o

'fliegen' bezieht sich auf 'Vogel', 'schön' auf 'fliegen':   "Der Vogel fliegt schön"




Block und Satz

Eine Wortfolge, aus der keine Bindung hervorragt, nennen wir einen Block.

    Beispiele:               o -o   und   o -o -o   und   o -o- o   und   o -o -o- o -o
    Gegenbeispiele:   -o -o   und   o -o-

Ein Block, der nicht in einen größeren Block eingebunden ist, heißt isolierter Block.

    Beispiele: In der Wortfolge   o -o -o o   bildet der Anfang   o -o   einen Block, der eingebunden
    ist in den isolierten Block   o -o -o .   Das letzte Wort   o   ist auch ein isolierter Block.


Jeder isolierte Block ist ein grammatisch richtiger Satz
Man könnte einzelne Worte des Typs o auschließen, oder ihre Bedeutung definieren als "Da ist ein ..."

Jede Wortfolge ist also (ohne spezielle Satztrenner) in isolierte Blocks und damit in Sätze zerlegbar.




Die Grammatik kompakt

Das Molekülmodell ist eine einfache, regelmäßige Grammatik für künstliche Sprachen:


- Jedes Wort hat per Definition eine bestimmte Bindungsfähigkeit (Bindungstyp)

- Es gibt die Bindungstypen   o   -o   -o-

- Die Wortbindung bindet das nächste Wort vom Typ   o   oder   -o-
  in der entsprechenden Richtung

- Wie ein Wort selbst, so hat auch jede Bindung eine definierte Bedeutung
                  (z.B. ist bei '-sehen-' das links gebundene Wort das Subjekt,
                  das rechts gebundene Wort das Objekt der Handlung)

- Zu jeder Bindung muß ein gebundenes Wort vorhanden sein

- Ein Block ist eine Wortfolge, aus der keine Bindung hervorragt

- Ein Satz (=isolierter Block) ist ein Block, der nicht in einen größeren Block eingebunden ist

- Aus den Bindungen der Worte ergibt sich die Gesamtstruktur eines Satzes

- Aus den Bedeutungen der Worte und Bindungen ergibt sich der Sinn eines Satzes




Weiterführende Artikel

- Erweiterungen der Molekül-Grammatik  zur Leistungssteigerung

- Satzstruktur: verschiedene Molekül-Darstellungen

- Molekül-Grammatik in natürlichen Sprachen

- Lautbildschrift und Molekül-Grammatik





Die Benutzung der hier beschriebenen Techniken ist frei Stand: 16.3.2007 Autor und Erfinder: Leonhard Heinzmann Homepage