Bewertung  einiger  Schriften  nach  intuitiver  Richtigkeit

Im übergeordneten Artikel haben wir die intuitive Richtigkeit von Schriften allgemein untersucht.
Hier eine kurze Bewertung einzelner Schriften:





Lateinschrift

Betrachten wir die lateinischen Großbuchstaben (sie sind älter als die Kleinbuchstaben): Hier gibt es einige m.E. völlig unpassende Zuordnungen Laut-Zeichen. Z.B. paßt das markant-eckige Zeichen 'L' besser zum Laut 'k', das Zeichen 'S' besser zum Laut 'L', bei dem die Zunge wellig bewegt wird, das Zeichen 'W' besser zum Zäpfchen-r (mehrfach unterbrochener Laut, auch Bild der Zäpfchen). Die Zeichen 'I Y V' könnten aus dem Mund strömende Luft, also Zischlaute symbolisieren. Weitere intuitiv richtigere Zuordnungen (oben: Lateinbuchstabe, unten: besser passender Laut):

A L M W S I Y  V C

t k r r l s sh f o

Diese Liste konsequent durchzuführen ist schwierig. Denn generell sind die meisten Lateinbuchstaben (besonders die großen) zu kompliziert geformt und zu technisch-eckig, um einen Sprachlaut intuitiv passend darzustellen.
Trotzdem ist es eine interessante Frage, welche andere Lautzuordnung am besten zum Latein-ABC paßt. Es wäre denkbar, daß schon jemand (oder eine Gruppe) eine solche Zuordnung definiert hat und als leicht merkbaren kryptographischen Schlüssel benutzt, der nicht einfach zu knacken ist, weil es sich wohl nicht um eine mathematisch-regelmäßige Verschlüsselung handelt (wie z.B. Caesar's Versetzung um 3 Buchstaben).

Generell ist die Tatsache, daß Buchstaben intuitiv suboptimal bzw. unrichtig sind, negativ zu werten, weil sie beim Benutzer den Sinn für den Zusammenhang zwischen Laut und Form vernebelt. Das gilt für alle Schriften, aber besonders dann, wenn die Abweichung keinen praktischen Nutzen hat.





Die antike Standard-Lautbildschrift






Zur antiken Standard-Lautbildschrift ist zu sagen: s und f sollten besser vertauscht werden, 's' ist m.E. ein 'dünnerer' Laut als 'f'. Die Zischlaute werden durch senkrechte Striche dargestellt, sie symbolisieren strömende Luft. (Alternative Möglichkeit s.u. bei 'Lautbildschrift des Hauptartikels'). Sie nehmen dadurch eine optische Sonderstellung unter den Konsonanten ein, was ihrer lautlichen Sonderstellung entspricht - die stoppenden und summenden Konsonanten sind akustisch einander ähnlicher als den hellen Zischlauten. Allerdings gibt es dann nicht die Gruppenähnlichkeit der Summlaute (Vokale und Summkonsonanten) untereinander wie bei der Lautbildschrift des Hauptartikels.




Die zuerst im Internet veröffentlichte Lautbildschrift





    š = Kürzel für den Laut 'sch',   z = ts

Zur zuerst im Internet veröffentlichten Lautbildschrift ist zu sagen: Wie bei der antiken Standard-Lautbildschrift sollten s und f besser vertauscht sein. Auch š (sch) und h sollten vertauscht werden: Denn der markante Dreifachstrich wäre mit dem kräftigeren Laut š (oder r) besser benannt als mit dem akustisch schwächeren h, und das Zeichen für š wäre dann eine Zusammensetzung der Zeichen für s und h.   Auch die Zeichen für z (= ts) und v wirken intuitiv nicht passend.





Die Lautbildschrift des Hauptartikels





    h = Kürzel für den Laut 'sch'

Bei der im Hauptartikel gezeigten Lautbildschrift wirken besonders die Zeichen für die Laute L und f unpassend. Beide wurden wegen der Gruppensystematik so zugeordnet (Summlaute = senkrechte Striche, Zischlaute = sich nach oben verbreiternde Zeichen = ausströmende Luft). Das zeigt, daß Systematisierung zu falschen Resultaten führen kann, auch wenn sie teilweise auf richtigen Grundideen beruht.
Die Zischlaute nehmen hier nicht die ihnen gebührende Sonderstellung unter den Konsonanten ein (s.o. antike Standard-Lautbildschrift), dafür gibt es eine Gruppenähnlichkeit aller Summlaute (Vokale und summende Konsonanten sind achsparallele, d.h. waagrechte oder senkrechte Striche).





Anmerkungen

- In den Bildworten der hier gezeigten Lautbildschriften ist besonders häufig die Zeichenfolge "hohes Zeichen - flaches Zeichen (meist waagrechter Strich)". Ordnet man den hohen Zeichen die Konsonanten, den flachen die Vokale zu (umgekehrt unmöglich, weil es mehr hohe Zeichen und mehr Konsonanten gibt), so erhält man eine leicht sprechbare Silbe vom Typ "Konsonant - Vokal". Das ist ein zwingender praktischer Grund.

- Es wäre schöner und intuitiv richtiger, den Zeichenpaaren obiger Lautbildschriften, bestehend aus einem Zeichen und seiner Spiegelung, jeweils ähnliche Laute zuzuordnen. Aber mit diesem Zeichensatz und diesen Lauten und dieser Unterteilung in Lautgruppen läßt sich m.E. keine durchgehend logisch Lösung finden.

- Die optimale Zuordnung Laut - Zeichen hängt auch von der Strichdicke der Zeichen ab. Bei dünner Strichdicke wirken die meisten Zeichen (zumindest die senkrechten und schrägen geraden Striche) 'zischender'.

- In keiner der hier gezeigten Schriften kommt die strukturelle Ähnlichkeit "unterbrochener Laut - unterbrochenes Zeichen" zum Tragen. Dazu müßten den Unterbrechungslauten t, k, p die Zeichen zugewiesen werden, die am meisten unterbrochen wirken, d.h. diese 3 Zeichen:


Allerdings sind diese Zeichen quer unterbrochen, nicht in Schreibrichtung, was analoger zur Unterbrechung beim Sprechen wäre. Aber in Schreibrichtung unterbrochene Zeichen gibt es nicht, sie wären unpraktisch, da man sie beim Lesen für 2 Zeichen halten könnte.


Stand:  19. 10. 2010