In Texte eincodierte Bilder
Eincodierte Bilder sind kein Zufall
Dafür gibt es 2 gute Argumente: Einmal gibt uns zum Beispiel der Lateiner Plinius
verbale Hinweise auf in seinen Schriften versteckte Bilder.
Und wenn solche mit der Lautbildschrift eincodierten Bilder
in antiken Schriften, z.B. bei Plinius, auftreten,
sind sie immer zahlreich, oft gut entworfen und aus vielen Zeichen bestehend, und sie passen zum Text.
Deshalb besteht kein Zweifel, daß sie bewußt eincodiert wurden und kein Zufallsprodukt sind.
Arten des Eincodierens
1) Die Anfangsbuchstaben-Methode:
Man nimmt einfach die Anfangsbuchstaben der Wörter eines Textes und schreibt
sie mit den Lautbild-Buchstaben. Und zwar senkrecht von unten nach oben, wie
wie bei der Lautbildschrift üblich. Ein einfaches Beispiel:
Der Satzanfang "Platoni sapientiae antistiti"
"Platon, dem Meister der Weisheit"
[Plinius Buch 7, § 110]
ergibt folgendes Bild, das wohl Platon darstellen soll:
2) Die Alle-Buchstaben-Methode:
Hierbei wurden die Wörter eines Textes so geschickt gewählt und angeordnet,
dass der ganze Text, mit den Lautbild-Buchstaben geschrieben, Bilder ergibt:
Beispiel: Der Anfang obiger Textstelle (incl. der letzten 3 Buchstaben des
vorangehenden Satzes) "...dit. platoni sap..."
ergibt folgendes Bild:
Man erkennt 2 Personen: Den bärtigen Platon (unten) und den grimmigen Dionysius.
(Der ganze Satz lautet: "Platon, dem Meister der Weisheit, schickte der Tyrann
Dionysius ... ein mit Bändern geschmücktes Schiff entgegen.") Das Gesicht des
Dionysius ergibt umgedreht dieses Schiff (rechts oben). Es handelt sich bei diesem
Gesicht offensichtlich nicht um ein Portrait, sondern um ein Symbolbild (wie meistens).
Auch Platons Gesicht ist eher symbolisch: es enthält 3 Winkelzeichen (Dreizahl
und Winkelzeichen sind bis heute Erkennungszeichen mancher Mysterienbünde).
3) Kompliziertere Methoden:
Die Anfangsbuchstaben- und die Alle-Buchstaben-Methode sind die natürlichsten
und einfachsten Arten, Bilder in Texte einzucodieren. (Erstere ist wichtiger,
denn mit der zweiten kann man nicht jede beliebige Buchstabenfolge erzeugen,
also nicht jedes beliebige Bild eincodieren). Doch ist denkbar, daß man aus
Gründen der Geheimhaltung auch kompliziertere, unpraktischere Methoden anwandte, z.B.:
(nur für Interessierte, kann übersprungen werden)
- Man nimmt nicht den ersten, sondern den 2. (oder 3.) Buchstaben der Wörter
- Man nimmt die Endbuchstaben der Wörter. Da in Griechisch und Latein die Wörter
nur auf bestimmte Buchstaben enden (wegen der Deklination und Konjugation),
ist dieses Verfahren ungeschickt.
- Man nimmt von einem Wort den 1. Buchstaben, vom nächsten Wort den 2.,
vom nächsten Wort den 3. Buchstaben, und beginnt dann wieder von vorne.
- Man nimmt den Anfangsbuchstaben nur von jedem 2. Wort (oder von jedem 3.Wort)
- Man nimmt je 2 oder mehr Buchstaben und schlüsselt sie nach einer Tabelle um
- Für Silbenschriften bietet es sich an, die Anfangssilbe eines Wortes zu nehmen.
Falls für diese kein Zeichen existiert (z.B. weil sie zu kompliziert ist),
muß man Ersatz finden, z.B.: man nimmt einfach den 1. Konsonant und
den 1. Vokal eines Wortes.
Prinzipiell sind unzählige Codiermethoden denkbar, sowie Variationen und
Kombinationen dieser Methoden. Oft verwendete man, um sich unpraktische Arten
des Eincodierens bzw. Lesens zu ersparen, zur Geheimhaltung lieber eine
sekteneigene Lautbildschrift, d.h. eine in Lautzuordnung und ggf. auch im
Zeichensatz andere Version. Oder man kehrte einfach die Schreibrichtung um,
abwärts statt aufwärts. Das wirkte ähnlich wie senkrechtes Umklappen der Zeichen
- man hatte eine neue Version.
Bei obigen Methoden 1) - 3) ist ein Lateinbuchstabe, der keine Entsprechung im
Lautbildschrift-Alphabet hat, durch den lautähnlichsten Buchstaben zu ersetzen,
z.B. d durch t . Details im Artikel über
Bei Plinius eincodierte Bilder
4) Punkte-Mosaiken:
Auf ähnlichen Methoden beruhen bei Platon eincodierte Punktebilder
Verschiedene Lautbildschrift-Versionen
Plinius z.B. verwendete verschiedene Versionen, um Bilder einzucodieren. Weshalb?
Einmal vielleicht, um die Vielfalt der existierenden Versionen zu zeigen.
Dann, um auch Mitgliedern von Sekten mit anderen Versionen zu zeigen, dass
er ein Eingeweihter war. Ausserdem waren manche Versionen nur Mitgliedern
höheren Ranges bekannt, signalisierten also den Rang des Schreibers.
Auch übernahm Plinius in seine Bücher viele Bilder aus anderen Schriften,
vermutlich in deren eigener Lautbildschrift-Version, die etwas über die
Herkunft des Bildes aussagt.
Die verschiedenen Lautbildschrift-Versionen und Codiermethoden könnten den Leser
verwirren. Wir empfehlen deshalb nachdrücklich, zunächst nur eine Version (die
Einfach-Lautbildschrift) und eine
Codiermethode (die Anfangsbuchstabenmethode) zu lernen, was sehr einfach ist.
Bereits damit lassen sich so viele Bilder finden (Beispiele bei
Plinius), daß die Existenz bewußt
eincodierter Bilder zweifelsfrei nachgewiesen ist.
Bildgrenzen
Wo beginnt ein eincodiertes Bild, wo hört es auf? Das ist nicht exakt festgelegt.
Beispiel: Nimmt man zu obigem Zitat noch einen Teil des vorangehenden Satzes dazu
( ... quem deus significasset intellexit pacemque funerem dedit.
Platoni sapientiae antistiti ...) so ergeben die Anfangsbuchstaben auch ein Bild
(wohl Platon, jetzt als Ganzfigur), das einige kleinere Bilder enthält:
Also: wo ein eincodiertes Bild beginnt und endet, muss der Leser selbst herausfinden.
Oft beginnt ein Gesicht beim Namen des Dargestellten oder einem auf ihn weisenden Wort
wie "dieser", "welcher", "sein". Auch beginnen oder enden eincodierte Bilder öfters
an Satz- und Kapitelgrenzen (oder dem Buchstaben i, der ja in der Lautbildschrift
nicht geschrieben wird, also quasi eine Lücke im Text darstellt).
Das Selbstportrait von Plinius
ist im letzten Satz seiner Enzyklopädie eincodiert.
Gründe für diese Unordnung (oft überlappen sich Bilder an beiden Enden):
- Man konnte viel mehr Bilder eincodieren (siehe obiges Beispiel)
- Geheimhaltung: in der Sequenz der eincodierten Bilder lassen sich Dinge
verstecken, die nur der Kundige erkennt. Wären diese Dinge klar abgegrenzt,
würde der Leser fragen "was ist das?"
Auch Latein- und Griechisch-Texte schrieb man in der Antike ja ohne Wort- und
Satzzwischenräume! Auch Satzzeichen und Kleinbuchstaben kamen erst später auf.
MANSCHRIEBALSOZUMBEISPIELSO
Der Grund dafür war m.E., daß dann Ausländer
den Text nicht in einzelne Wörter zerlegen konnten und deshalb die nach der
Anfangsbuchstaben-Methode eincodierten Bilder nicht rekonstruieren konnten.
Nur die eigenen Leute sollte diese Bilder sehen können.
Schreibrichtung
Das eben besprochene Bild Platons (links nochmal dargestellt) ergibt auch umgedreht
eine Gestalt (ganz rechts), die wohl den grimmigen Tyrannen Dionysius darstellen soll
(auf der Brust ein Winkel, Symbol für einen Geheimbund).
Solche Bilder, die auch umgedreht sinnige, zum Text passende Bilder sind oder solche
enthalten, gibt es häufig, so daß man hier Absicht vermuten muss (Spielerei; mehr
eincodierte Bilder).
Um sich das unpraktische Drehen der Bilder zu ersparen, schrieb man vermutlich
waagrecht von links nach rechts (mittleres Bild). Man drehte also die Schreibrichtung
und die Buchstaben um 90 Grad nach rechts. Dann konnte man beide Bilder betrachten,
wenn man den Kopf nach rechts oder links drehte. Und hatte vor allem den enormen
Vorteil, dass man parallel zum Lateintext, z.B. unter jeder Zeile, die eincodierten
Bilder darstellen konnte.
Buchstabenplättchen als Hilfsmittel
Als Hilfsmittel zum Entwerfen von Bildern und zum Decodieren verwendete man vermutlich
kleine (fingernagelgroße?) Holzplättchen, auf denen je 1 Zeichen eingeritzt war.
(Plinius redet an einer Stelle seines Buches 35, das die "Malerei" behandelt,
von "Gemälden auf kleinen Täfelchen", was man auch so interpretieren könnte).
Man konnte den zugehörigen Lateinbuchstaben daneben anbringen, und sogar Zeichen
anderer Versionen. Entwarf man dann ein Bild durch Legen dieser Plättchen, sah
man sofort, welche Lateinbuchstaben zum Eincodieren nötig waren, und welches
Bild sich in anderen Versionen ergab. Wollte man umgekehrt einen Text decodieren,
legte man einfach die Folge der Lateinbuchstaben und sah sofort die aus dem oder
den Codes resultierenden Bilder. Beispiel:
Will man den korrekten Zeichenabstand von 1 Strichdicke einhalten, werden die
Plättchen für Vokale unhandlich klein, und auch der entsprechende Lateinbuchstabe
lässt sich kaum noch darauf unterbringen. Trotzdem ermöglichen es die Täfelchen,
Bilder schnell und exakt zu decodieren. Weniger praktisch sind quadratische oder
vieleckige Scheiben zum Aufeinanderstapeln, die so hoch sind, dass sich seitlich
ein Lateinbuchstabe, auf den anderen Seiten Zeichen verschiedener
Lautbildschrift-Versionen eingravieren lassen. Mit etwas Übung können eincodierte
Bilder auch visualisiert werden, d.h. man kann sie sich - ganz ohne materielle Hilfsmittel -
im Geiste vorstellen.
Was für Bilder wurden eincodiert
Mit den Lautbild-Buchstaben codierte man meist keine echten Bildworte oder gar
ganze Bildsätze ein, sondern vom Autor selbst erfundene Gesichter und Gestalten
(es lassen sich ja Millionen Gesichter mit diesen wenigen Zeichen darstellen - nur
die wenigsten davon sind Bildworte mit definierter Bedeutung). Und zwar den
Text illustrierende Gesichter. Sehr selten Portraits, meist Symbolgesichter, in
denen man suchbildartig für diese Person charakteristische Dinge erkennen kann
(s.o. Dionysius - Schiff, Platon - 3 Winkelzeichen).
Die Bilder dienten der Unterhaltung, teils auch um versteckt Informationen weiterzugeben.
So kann man z.B. in einem Gesicht Platons Kreis und Winkelzeichen erkennen,
Erkennungszeichen mancher Geheimbünde. Eincodierte Bilder waren eh Erkennungszeichen
von "Eingeweihten", auch verschiedener Bünde. Vermutlich wurden die von Mitgliedern
der Mysterienbünde verfaßten Schriften gefördert, die anderer Autoren nicht.
Man kann also wohl von geheimer Bevorzugung bzw. geheimem Boykott reden
(was sich vielleicht auch auf Warenhandel etc. erstreckte).
Die Bilder waren auch eine Bestätigung der privilegierten Position des
kundigen Lesers, was sicher auch seine Bindung an die Gruppe verstärken sollte.
Stand: 21. 2. 2008