Eincodierte Punkte-Bilder bei Platon
Inhalt: Die Entdeckung der Punkte-Bilder Platon's Buch "Kratylos" Decodiermethode: S wird Punkt Decodiermethode: Vokal wird Punkt Obige Decodiermethoden sind die sinnigsten Der verwendete Originaltext Punkte-Lautbildschriften
Die Entdeckung der Punkte-Bilder
Platon und andere antike Schriftsteller haben mit der Lautbildschrift Bilder
in Texte eincodiert. Es gibt aber verschiedene Versionen der Lautbildschrift,
und bei jeder Version sind Detailunterschiede möglich (z.B. maximale
Zeichenbreite 7 oder 10 Strichdicken).
Deshalb versuchte ich, in diesen antiken Schriften einen als Punktmuster
(wenn überhaupt, dann wohl so) eincodierten Zeichensatz zu finden.
Das gelang bisher nicht (ich verwendete auch nicht viel Zeit darauf), aber
ich fand auf Anhieb als Punktmuster eincodierte Einfachst-Bilder, die
auch als Hinweise auf den Zeichensatz interpretierbar sind.
Vielleicht das wichtigste Buch der griechisch-römischen Antike zum Thema "Sprache"
ist Platon's Werk "KRATYLOS". (Siehe die Zitate daraus im
Artikel Zitate antiker Schriftsteller zur Lautbildschrift )
Es lag also nahe, hier die Suche zu beginnen.
Damit der Leser unsere Behauptungen überprüfen kann, listen wir weiter
unten den griechischen Originaltext auf, den Anfang des Buches "Kratylos"
Wir erzeugen aus dem Buch "Kratylos" mit folgender Methode Punktebilder (sie ähnelt der Methode, mit der Lautbildschrift-Bilder eincodiert wurden):
- Wir betrachten nur die Anfangsbuchstaben der Wörter - Jeder Anfangsbuchstabe "S" wird in einen dicken Punkt umgewandelt, jeder andere Anfangsbuchstabe in ein Leerzeichen (durch winzigen Punkt dargestellt) - Diese Bildelemente (Punkt oder Leerzeichen) werden in einem rechteckigen Raster angeordnet: Die ersten 7 Elemente werden in einer Zeile von links nach rechts ange- ordnet, die nächsten 7 Elemente in der Zeile darüber, usw. Die ersten 91 (= 13 * 7) Wörter des Textes ergeben dann folgendes Bild:
|
Man erkennt eindeutig ein Gesicht - quasi ein Signal, daß hier ein Mensch
am Werk war. Wie eincodierte Lautbildschrift-Bilder muß man dieses Bild
sicher im Zusammenhang mit dem codierenden Text interpretieren. Dann
verstärkt die fünfmalige Nennung von Personen ("Dir", 4 mal "Sokrates")
noch den Eindruck "das Bild soll einen Menschen darstellen".
Auch der geometrische Aufbau des Bildes deutet Absicht an: Die ersten
4 Punkte liegen in Spalte 2, 3, 4, 5. Das Gesicht besteht aus 6 Punkten:
6 galt im Altertum als die vollkommenste Zahl (weil 6 = 1+2+3 = 1*2*3).
Die Punkte sind in 2 Gruppen geteilt: 3 zusammenhängende, 3 isolierte.
(Das entspricht den harmonischsten Proportionen 1:2 und 1:3). Die
schräge Linie ist genau diagonal, die Verbindungslinie jedes isolierten
Punktes zum nächsten genau waagrecht oder senkrecht. Diese Verbindungslinien
bilden einen rechten Winkel (bzw. ein rechtwinkliges Dreieck),
ihr Längenverhältnis (Punktmitte - Punktmitte) ist 3:6, also 1:2
Damit lieferte das Bild Erkennungszeichen für Eingeweihte - sowohl
leicht wahrnehmbare (Gesicht) als auch, unter der lustigen Maske versteckt,
analytisch-rationale. Es gibt weitere Erkennungszeichen:
Die Gruppe aus 3 Punkten unten (also am Bildanfang) kann man assoziieren
mit der Dreizahl, die ein religiöses Symbol ist (Dreifaltigkeit) und
bei manchen Geheim- / Mysterienbünden als Erkennungszeichen dient.
Der isolierte Punkt (die Nase) entspricht Wort Nr. 33 im codierenden Text.
Auch 33 hat religiöse Bedeutung (Christus starb mit 33 Jahren), und in manchen
(eher unchristlichen) Mysterienbünden gibt es 33 Einweihungsgrade.
Der folgende Punkt (linkes Auge) entspricht Wort 72 = 3*3*8 = 9*8 .
Der vorangehende Punkt entspricht Wort 16, also 2*8. Der 7. Punkt
(nicht mehr dargestellt) entspricht Wort 96, also 12*8 (oder 16*6)
Das Punktebild könnte auch Hinweise auf verwendete Lautbildschrift-Alphabete
geben, die zum Eincodieren von Bildern verwendet wurden:
Der Schrägstrich am Anfang könnte darauf hindeuten, daß ein Alphabet
mit Schrägstrichen verwendet wurde.
Die Nase wird durch das Anfangs-S von "synthemenoi" codiert, das
die Hauptbedeutung "zusammensetzen" hat (daraus das Wort "Synthese").
Das deutet allgemein auf die Lautbildschrift hin, bei der Gesichter und andere Ideogramme
(aus Zeichen) zusammengesetzt werden. Es könnte auch speziell z.B. auf eine
Punkteschrift oder eine
eine Silbenschrift hindeuten - bei diesen werden auch die einzelnen Zeichen zusammengesetzt.
Insgesamt sind diese Hinweise, wie bei eincodierten Lautbildschrift-Bildern,
wohl bewußt unklar gehalten. Sie sollten nur für Kundige verständlich sein,
Anderen aber ihre Geheimnisse nicht preisgeben.
Decodiermethode: Vokal wird Punkt
Eine andere Decodiermethode ist, von den Anfangsbuchstaben nicht "s",
sondern alle Vokale in dicke Punkte umzuwandeln. Dann ergeben die ersten
49 (=7*7) Worte ein anscheinend bewußt eincodiertes, quadratisches Bild.
Und ein ähnliches Bild ergibt sich, wenn man das Format ändert auf Breite 8:
|
Obige Decodiermethoden sind die sinnigsten
Die verwendeten Decodiermethoden wurden nicht gefunden nach dem Prinzip
"viele Methoden probieren, bis sich ein Bild ergibt". Sondern sie wurden durch
kurze Überlegung gefunden und lieferten auf Anhieb erkennbare Bilder. Denn:
Der wichtigste Unterschied zwischen den Sprachlauten ist der Unterschied
Vokal - Konsonant: Es liegt also nahe, entweder mit den Vokalen oder den
Konsonanten ein Bild einzucodieren (das eine ergibt ein Negativ des anderen).
Weil es aber weniger Vokale gibt, und man weniger Punkte als Leerzeichen
benötigt, ist es sinnvoller, den Vokalen die Punkte zuzuweisen als umgekehrt.
Auch die weiter oben verwendete Decodiermethode "S wird Punkt" ist nicht
an den Haaren herbeigezogen: Die Vokalmethode liefert überladene Bilder -
eine Beschränkung auf 1 Anfangsbuchstaben dagegen einfache, klare.
Hier liegt es nahe, "S" zu wählen, den einzigen Zischlaut im Altgriechischen
außer dem seltenen "z" ("f" und "sch" gab es nicht). "S" hat einen hellen Ton,
alle anderen Konsonanten einen eher dunklen - ein prägnanter Unterschied.
Auch die im Bildraster verwendete Reihenfolge bietet sich geradezu an: Sie
entspricht der Schreibrichtung von Stabschriften und von Silbenschriften,
bei denen das einzelne Silbenzeichen v.l.n.r. zusammengesetzt wird und
dann die Silbenzeichen übereinandergeschrieben werden.
Auch die Rasterbreite 7 bietet sich geradezu an: Eine Breite von weniger als
6 taugt nicht zum Eincodieren von Bildern wie den gezeigten. Bei Breite 6 oder
8 gibt es keine Mittellinie. Rasterbreite 7 reicht für kleine Erkennungssignale
aus; größere Breiten sind dafür unpraktischer: Man muß mehr Wörter untersuchen,
bis man ein Bild erkennt, was besonders stört, wenn man das Ganze nicht schriftlich
macht, sondern nur im Geiste visualisiert. Außerdem hat 7 großen Symbolwert:
Es gibt im griechischen ABC 7 Vokalzeichen. Bei den alten Ägyptern sangen
die Priester Hymnen nur aus den 7 heiligen Vokalen. Der von Nebukadnezar
wiedererbaute Turm von Babel war eine Stufenpyramide mit 7 Stufen (vorher 8).
Auch der 7-armige Leuchter der Juden ist bekannt. Weitverbreitet galt also
die 7 in der Antike als heilige Zahl. Und noch Agent 007 bringt die Zahl 7
mit Geheimbündelei in Verbindung (man könnte den Namen als "7 Kringel"
deuten, oder "2 Augen und 7").
Die Darstellung durch Punkte erinnert übrigens an die in der Antike
häufigen Mosaike (oft aus quadratischen Plättchen zusammengesetzt).
Und an eine Art schon in der Antike bekannten Morsecode: in nebeneinanderliegenden
Zinnen wurden durch Bretter, nachts durch Fackeln,
Signalzeichen gegeben.
Und hier der Originaltext, in dem obige Punkte-Bilder eincodiert sind:
der Anfang von Platon's Buch "Kratylos" (Text und Übersetzung aus:
Platon, 3. Band, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, 1988) Punkte - Lautbildschriften
Obige Punktebilder sind zwar durch Buchstaben eincodiert, aber es handelt sich
nicht um eine Lautbildschrift.
Doch es ist möglich, eine Lautbildschrift nur mit Punkten zu entwerfen,
siehe den Artikel über Punkte-Lautbildschriften.
Dort wird auch diskutiert, wie praxistauglich Punkteschriften sind,
insbesondere ob die Worte nicht zu lang werden.
Da die meisten Leser das griechische Alphabet nicht kennen, schreiben wir hier den griechischen Originaltext
mit lateinischen Buchstaben geschrieben (Umschrift Duden Nr. II):
Nur die nicht fetten Textpassagen, genau der gesprochene Dialogtext,
wurden bei der Umwandlung in ein Punktmuster verwendet; nicht aber die
Überschriften und die Angabe der Personen vor deren Redeeinsatz.
KRATYLOS [e peri onomaton orthotetos]
HERMOGENES KRATYLOS SOKRATES
HERM. Boylei oyn kai Sokratei tode anakoinosometha ton logon ;
KR. Ei soi dokei.
HERM. Kratylos phesin hode, o Sokrates, onomatos
orthoteta einai hekasto ton onton physei pephykyian, kai oy
toyto einai onoma ho an tines synthemenoi kalein kalosi, tes
hauton phones morion epiphtengomenoi, alla orthoteta tina
ton onomaton pephykenai kai Hellesi kai barbarois ten
ayten hapasin. Eroto oyn auton ego auto poteron Kratylos
te aletheia onoma estin e oy. ho de homologei. " Ti de
Sokratei; " ephen ego. " Sokrates "; e de hos. " Oykoyn
kai tois allois anthropois pasin, hoper kaloymen onoma
hekaston, toyto estin hekasto onoma; . . .
In Deutsch:
KRATYLOS [oder: Von der Richtigkeit der Benennungen]
HERMOGENES KRATYLOS SOKRATES
HERMOGENES: Willst du also, daß wir auch den Sokrates zu unserer Unterredung hinzuziehen?
KRATYLOS: Wenn du meinst.
HERMOGENES: Kratylos hier, o
Sokrates, behauptet, jegliches Ding habe seine von Natur
ihm zukommende richtige Benennung, und nicht das sei
ein Name, wie einige unter sich ausgemacht haben etwas
zu nennen, indem sie es mit einem Teil ihrer besonderen
Sprache anrufen; sondern es gebe eine natürliche Richtigkeit
der Wörter, für Hellenen und Barbaren insgesamt die
nämliche. Ich frage ihn also, ob denn Kratylos in Wahrheit
sein Name ist, und er gesteht zu, ihm gehöre dieser Name.
- Und dem Sokrates? fragte ich weiter. - Sokrates,
antwortetete er. - Haben nun nicht auch alle anderen Menschen
jeder wirklich den Namen, wie wir jeden rufen? . . .
Wenn man einen Punktecode zur Signalübermittlung benutzt
(z.B. weil er als binärer Code einfach darstellbar ist), ist es
aus ergonomischen Gründen (Gedächtnis, akustische Mitteilbarkeit)
sinnvoll, diesen Punktecode als Lautbildschrift zu entwerfen.
Stand: 1. 7. 2006 Homepage Leonhard Heinzmann