Zitate antiker Autoren zur Lautbildschrift
Einleitung
Wir zeigen in diesem Artikel: Daß die Lautbildschrift
in der Antike bekannt war, läßt sich nicht nur durch manche Worte antiker Sprachen
und durch eincodierte Bilder
bei antiken Autoren wie Plinius zweifelsfrei nachweisen.
Sondern auch durch Zitate antiker Autoren. Denn wenn man die Lautbildschrift kennt,
werden viele bisher unverständliche antike Textstellen plötzlich überraschend klar.
Bei manchen antiken Autoren galt die Lautbildschrift sogar als die Ursprache.
Griechische Autoren
Der altgriechische Philosoph Pythagoras vertrat die Ansicht:
"Namen sind Nachbildungen der anschaubaren
und angeschauten Erscheinungen." 1 Seite 34
"Für Demokrit ist das Wort als Abbild des Gegenstandes
selbst ein körperliches Ding (phone soma)." 2 Seite 49
Der altgriechische Philosoph Demokrit meinte:
""Wörter sind redende Bilder (agalmata phoneenta) …
Diejenigen, welche als die ersten den Dingen die Namen
gesetzt haben, haben im Übermaß ihrer Weisheit die Dinge durch die Wörter
wie durch Bilder kundgetan, vergleichbar vorzüglichen Statuenmachern"
2 Seite 46
"Phythagoras, Heraklit sahen, wie wir hörten,
in den Worten noch tönende Bilder der Dinge ( agalmata phoneenta ),
von den Göttern selbst gestaltet." 1 Seite 203
"... waren Sokrates und Platon überzeugt,
der Urbildner der Sprache - sie auch sprechen von einem solchen - habe mit
den Lauten im Worte die Natur der Dinge genau so nachgebildet, wie ein Maler,
der ein Bildnis malen will, die rechten Farben und Linien wählen und finden müsse."
1 Seite 40
Platon hat uns zu diesem Thema ein ganzes Buch hinterlassen. Es heißt
"KRATYLOS oder: über die Richtigkeit der Benennungen" und hat wie
alle Bücher Platons Dialogform. Am Anfang wird das Thema genannt:
"... es gebe eine natürliche Richtigkeit der Wörter,
für Hellenen und Barbaren insgesamt die nämliche." 3 [383 b]
"... und nicht jeder sei ein Meister im Wortbilden,
sondern nur der, welcher ... ihre Art und Eigenschaft in die Buchstaben
und Silben hineinzulegen versteht." 3 [390 e]
[ Indizes in eckigen Klammern geben die Stephanus-Numerierung an, nach der
Platon allgemein zitiert wird. Das Buch Kratylos reicht von 383 bis 440. Die deutsche
Übersetzung stammt von Schleiermacher 1824. Unterstreichungen sind von uns.]
Diese Behauptungen versteht der Gesprächspartner nicht und bittet um nähere Erklärung:
"... wenn du mir zeigtest, worin denn jene natürliche
Richtigkeit der Benennungen bestehen soll."
3 [391 a]
"SOKRATES: Die Richtigkeit des Wortes, sagten wir, besteht darin,
daß es anzeigt, wie die Sache beschaffen ist." 3 [428 e]
"SOKRATES: Auch gestehst du, das Wort sei eine gewisse Nachahmung
des Dinges?
KRATYLOS: Auf alle Weise dieses." 3 [430 a]
Das könnte man interpretieren als Theorie "Ein Wort ist eine Lautmalerei."
Das aber wird ausdrücklich abgelehnt:
"SOKRATES: Das Wort also ist, wie es scheint, eine Nachahmung
dessen, was es nachahmt, durch die Stimme ...
HERMOGENES: Das dünkt mich.
SOKRATES: Beim Zeus, mich dünkt noch nicht, daß dies gut erklärt ist, Freund!
HERMOGENES: Wieso?
SOKRATES: Wir müßten dann denen, welche den Schafen nachblöken und den Hähnen
nachkrähen und so mit anderen Tieren, auch zugestehen, daß sie das benennen, was sie nachahmen.
HERMOGENES: Da hast du recht.
SOKRATES: Hältst du also das vorige für gut?
HERMOGENES. Das nicht. Aber was für eine Nachahmung wäre denn das Wort?"
3 [423 b]
Die Theorie "Ein Wort ist eine Lautmalerei" wird also abgelehnt. Doch man
findet eine andere Möglichkeit, wie ein Wort ein Ding nachahmen kann:
"SOKRATES: Wohlan denn, beim Zeus, haben wir nicht oft eingestanden,
daß wohlabgefaßte Wörter demjenigen, welchem sie als Namen beigelegt sind,
ähnlich sein müßten und also Bilder der Gegenstände ?
KRATYLOS: Ja." 3 [439 a]
Es wird angedeutet, wie schrittweise aus Buchstaben Bildwörter und
aus diesen Sätze (=Bilder) gebildet werden:
"SOKRATES: Wird es nicht, da doch die Nachahmung des Wesens
in Silben und Buchstaben geschieht, am richtigsten sein, zuerst die Buchstaben zu
bestimmen, ...
KRATYLOS: Ja." 3 [424 b]
"dann müssen wir verstehen, nach Maßgabe der Ähnlichkeit
zusammenzubringen ... wie die Maler, wenn sie etwas abbilden wollen ...
So wollen auch wir die Buchstaben den Dingen auftragen ..." 3 [424 d]
"... und aus diesen endlich wollen wir dann etwas Großes, Schönes und
Ganzes bilden, wie dort das Gemälde für die Malerei, so hier den Satz."
3 [425 a]
Man redet auch über die Gruppierung der Laute und über einzelne Buchstaben - hier Auszüge:
"SOKRATES: Müssen nicht ebenso auch wir zuerst die Selbstlaute bestimmen,
hernach wiederum die übrigen ihrer Art nach, die, welche weder Laut noch Ton haben [gemeint sind wohl Unterbrechungslaute, Plosive]
- denn so nennen sie doch die, welche sich hierauf verstehen -
und dann die, welche zwar keinen Laut haben, aber doch nicht ganz tonlos sind? [Zischlaute, Summlaute]" 3 [424 c]
"Dagegen scheint er das Zusammendrücken und Anstemmen
der Zunge bei d und t und der Lippen bei b und p für eine nützliche Eigenschaft
zu halten zur Nachahmung des "Bindenden", "Dauernden" ...
Das a widmete er dem "Ganzen", "Langen", das e dem "Gedehnten", "Ebenen",
weil die Buchstaben groß und vollständig tönen." 3 [427 a]
Es wird dargelegt, daß die Buchstaben zweckmäßig geformt sein müsssen:
"Wenn also nun das Wort dem Gegenstande ähnlich sein soll:
so müssen notwendig auch von Natur den Gegenständen die Buchstaben ähnlich
sein, aus denen man die Stammwörter zusammensetzen muß." 3 [434 a]
Auch das Problem, daß ein Bildwort mehr oder weniger gelungen sein kann,
wird angesprochen:
"SOKRATES: Wie nun, wer in Silben und Buchstaben
das Wesen der Dinge nachbildet? Wird nicht auf dieselbe Weise,
wenn er alles dem Ding zukommende wiedergibt, sein Bild schön sein,
dies ist nämlich das Wort, wenn er aber ein weniges ausläßt,
oder bisweilen hinzufügt, es zwar auch ein Bild werden, aber kein schönes,
..." 3 [431 c]
Bereits im Buchtitel findet sich ein deutlicher Hinweis auf die Lautbildschrift. Der Titel lautet:
"Kratylos [e peri onomaton orthotetos]", "Kratylos [ oder: Von der Richtigkeit der Benennungen]" 4
Kratylos ist (wie alle Buchtitel Platons) ein Personenname.
Zum Wort orthotetos (Grundform orthotes), hier mit "Richtigkeit" übersetzt, steht im Lexikon: 5
1) gerade, aufrechte Stellung 2) Richtigkeit, Wahrheit
Die erste Bedeutung erinnert an die senkrechte Schreibrichtung der Lautbildschrift.
Diese ist besser als waagrechte Schreibrichtung, wie im Artikel
häufige Fragen erklärt wird.
Es gibt auch Zitate antiker Autoren zum Eincodieren von Bildern
mittels der Lautbildschrift.
Wertung
Obige Zitate zeigen deutlich, daß Platon und andere Autoren die
Lautbildschrift kannten. Doch stellt man sich die Frage: wenn man
die Lautbildschrift geheimhalten wollte, weshalb schrieb man dann
solche Bücher und Texte?
Einmal waren die Texte früher wahrscheinlich nicht frei im Handel.
Sie dienten als Gedächtnisstütze für die "Eingeweihten", waren aber
oft absichtlich dunkel, um ihre Geheimnisse nicht leicht preiszugeben,
falls sie doch in fremde Hände gerieten. Das bestätigt auch Platon
in seinem Buch "Phaidros":
"SOKRATES: Denn dieses Schlimme hat doch die Schrift,
Phaidros, und ist darin ganz eigentlich der Malerei ähnlich, ...
Ist sie aber einmal geschrieben, so schweift auch überall
jede Rede gleichermaßen unter denen umher, die sie verstehen,
und unter denen, für die sie nicht gehört, und versteht
nicht, zu wem sie reden soll und zu wem nicht ...
PHAIDROS: Auch hierin hast du ganz recht gesprochen.
SOKRATES: Wie aber? Wollen wir nicht nach einer anderen Rede
sehen, ... wohl wissend zu reden und zu schweigen, gegen wen
sie beides soll." 3 [275 d]
Es gibt noch andere Textstellen, die diese Ansicht Platons bestätigen.
Die Gründe für die Geheimhaltung selbst haben wir bereits im Artikel
Lautbildschrift, Abschnitt "Verwendungszweck" angedeutet:
Geheimbündelei in Mysterienbünden, elitäres Gehabe, wohl auch Herrschsucht.
Die Lautbildschrift war wohl auch eine Belohnung für die Mitgliedschaft in einem Mysterienbund,
ihre Veröffentlichung hätte quasi den Wert für den Bund gesenkt.
Literaturverzeichnis
1. Wadler, Arnold: Der Turm von Babel, Fourier Verlag Wiesbaden (Nachdruck der Ausgabe von 1935) 2. Haag, Erich: Platons Kratylos. Versuch einer Interpretation. Tübinger Beiträge zur Altertumswissenschaft. Kohlhammer Verlag Stuttgart 1933 3. Platon: Sämtliche Werke (6 Bände, Band 2 enthält das Buch "Kratylos") Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg 1986 4. Platon: Werke in 8 Bänden, Griechisch und Deutsch, Band III Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, 1974 5. Gemoll, Wilhelm: Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch, 9. Auflage, G. Freytag Verlag, München / Wien 1965Stand: 26. 2. 2017