Arten von Lautbildschriften
Inhalt: Drei Haupttypen: Silben-Lautbildschrift Buchstaben-Lautbildschrift Positions-Lautbildschrift Mischformen Vergleichende Bewertung Andere Einteilung: nach Schriftelementen
Man kann Schriften - also auch Lautbildschriften - nach dem Zahlenverhältnis
"Anzahl Schriftzeichen : Anzahl Laute" in 3 große Gruppen einteilen:
1) Es gibt viel mehr Zeichen als Laute: | Silbenschrift | (Verhältnis n:1) | |
2) Es gibt soviele Zeichen wie Laute: | Buchstabenschrift | (Verhältnis 1:1) | |
3) Es gibt viel weniger Zeichen als Laute: | Positionsschrift | (Verhältnis 1:n) |
Ein Beispiel: Wir legen folgendes phonetische System zugrunde:
4 Vokale: i e a o 4 summende Konsonanten: n m l v 4 nicht summende Kons.: s f t p
Alle Silben haben die Form "Konsonant + Vokal", z.B. "si", "ti", "ta".
Es gibt also nur 8*4 = 32 Silben. Wortbeispiele: ti, sino, pivili, sipetafo.
Alle Silben sind - in beliebiger Kombination - leicht nacheinander sprechbar.
Jeder Silbe wird nun ein Zeichen zugewiesen, aus denen Bildworte zusammengesetzt
werden, mit Schreibrichtung von unten nach oben. Beispiel:
soposa "Gesicht"; zerlegt: |
Beispiel: die im Hauptartikel
gezeigte Einfach-Lautbildschrift mit nur 12 Buchstaben:
Wortbeispiel:
ela "Gesicht"; zerlegt: |
Eine Positionsschrift hat viel weniger Zeichen als Laute. Ist mit so wenigen
Zeichen noch eine Lautbildschrift machbar ? Ja, auf 2 Arten:
1) Bei der Punkteschrift mit 7 Zeichen
wird ein Zeichen je nach Position als Konsonant oder Vokal gelesen
2) Das gilt auch für die Stabschrift mit nur 4 Zeichen (Stäbchen).
Bei ihr werden Bildworte aber nicht nur linear, sondern 2-dimensional aus Zeichen zusammengesetzt.
Beispiel: Dieses Bildwort ist matrixförmig aus 2 * 4 , also 8 Zeichen
zusammengesetzt (in einem unsichtbaren quadratischen Raster):
|
7 8 5 6 3 4 1 2 |
Z e i c h e n L a u t w e r t Konsonant Vokal \ p u / t o | l e - m a
Lautauswahl und Lautzuordnung dieser Tabelle sind nicht optimal, sondern auf Erweiterbarkeit ausgelegt (siehe die erweiterten Versionen im Artikel Einige Stabschriften). Diese Einfachst-Stabschrift nutzt - mit nur 8 Lauten - das menschliche Sprechpotential nicht aus, und sie liefert keine guten Bilder. Enorme Leistungssteigerung ist möglich durch:
- Erweiterung des Zeichensatzes um . [Punkt] oder o [Kringel] - Lücken (Leerzeichen) in einer Zeile möglich (wichtig !) - Mehr als 2 Zeichen in einer Zeile möglich (wichtig !)
Welch schöne Ideogramme man mit nur 4 Zeichen bilden kann, wenn mehr
als 2 Zeichen pro Zeile und Lücken möglich sind, zeigen folgende Beispiele
(zum besseren Verständnis ist auch das Grundraster dargestellt):
Generell ist aber eine Stabschrift viel unpraktikabler als eine Buchstaben-
oder Silbenschrift, wegen der meist größeren Wortlänge und dem komplizierteren Verfahren.
Doch hat sie auch Vorteile, z.B. die unbegrenzte Ideogrammgröße (Breite und Höhe),
falls mehr als 2 Zeichen pro Zeile erlaubt sind.
Es sind auch Zwischen- und Mischformen der 3 Haupttypen von Lautbildschriften möglich:
Positionsschrift silbenweise lesen
Wenn man bei obiger Stabschrift alle Kombinationen von 2 Zeichen (incl. Leerzeichen)
auswendig lernt, kann man diese Zeichenpaare als Silbenzeichen betrachten,
mit Aussprache Konsonant + Vokal. (Es gibt 2 Aussprache-Versionen,
je nachdem ob das Zeichenpaar am Zeilenanfang steht oder nicht).
Jede Zeile besteht dann aus 1 oder mehr Silbenzeichen.
Diphtongschrift
Buchstabenschrift, bei der auch Vokalpaare und Konsonantenpaare
(vokalische und konsonantische Diphtonge) eigene Schriftzeichen haben.
Beispiel: Die 12 Zeichen der obigen Buchstaben-Lautbildschrift sind zuwenig,
um gute Ideogramme für jeden Begriff zu bilden. Wir erweitern deshalb die Lautbasis
um die Diphtonge ei, ai, oi, ui, au und die Konsonantenpaare ts, ks, ps, st, pl, pr, kv
und weisen diesen eigene Zeichen zu. Wir haben jetzt die doppelte Zeichenzahl.
Das Zeichen au z.B. ist strikt zu unterscheiden von der Zeichenfolge a-u .
Zur akustischen Unterscheidung spricht man letztere ahu, fügt also den Füllkonsonant h ein.
(Auch ng als Füllkonsonant wäre denkbar. Das j kann man nicht dafür verwenden,
denn z.B. a-j-a wäre ai-j-a akustisch zu ähnlich.)
Die Vokalzeichenfolge a-a wird also jetzt als aha gesprochen, die Zeichenfolge a-o-a als ahoha.
Aber die Zeichenfolgen ei, ai, oi, ui + Vokal / Diphtong (zB. ai-a, ai-ai)
und die Zeichenfolge au-a könnte man ohne eingefügtes h sprechen, also aia, aiai, aua etc.,
um die Aussprache zu erleichtern und zu verkürzen.
Das Zeichen ts z.B. ist strikt zu unterscheiden von der Zeichenfolge t-s .
Die Zeichenfolge ts-pr (2 Zeichen) lautet nun tsipri,
während die Zeichenfolge t-s-p-r (4 Zeichen) tisipiri lautet.
(Nach Konsonantenzeichen ohne folgendes Vokalzeichen spricht man den Füllvokal i ,
auch am Wortanfang vor schwer sprechbaren Konsonantenpaaren wie nt, mp, lp,
falls diese eigene Zeichen haben.)
Bewertung: Mehr Zeichen ermöglichen bessere Ideogramme.
Schöne Diphtonge machen die Sprache klangschöner.
(Die Verwendung von ei, ai, oi, ui ist besser als die Verwendung
von international unüblichen Vokalen wie ü, ö .
Aber das ü könnte man wegen der Klangschönheit verwenden).
Viele konsonantische Diphtonge machen Wörter allerdings schwerfälliger und weniger musikalisch.
Eine Diphtongschrift ist empfehlenswert, wenn eine Buchstabenschrift
zu wenige Zeichen hätte, eine Silbenschrift zu viele.
Man kann die Zeichenzahl noch vergrößern, indem auch zweisilbige Diphtonge / Triphtonge wie
ie, ia, io, iai, ioi, iau ... oder Gruppen von 3 Konsonanten eigene Zeichen erhalten.
Buchstabenschrift + Silbenschrift:
Wenn eine Buchstabenschrift zu wenige, eine Silbenschrift zu viele Zeichen hätte,
kann man eine Mischform definieren: Man weist manchen Einzel-Lauten Zeichen zu,
aber auch manchen Silben. Und zwar solchen Silben, bei denen entweder der Konsonant
oder der Vokal kein Zeichen hat.
Beispiele: Die Silben ri, re, ra, ro werden mit eigenen Zeichen geschrieben,
das r hat kein Buchstabenzeichen (sonst könnte man z.B. die Silbe ro auch mit den
Buchstaben r-o schreiben, d.h. die Schreibung wäre nicht eindeutig).
Oder die Silben sü, fü, tü, kü ... werden mit eigenen Zeichen geschrieben, das ü hat
kein Buchstabenzeichen. Ein Füllkonsonant (j) und ein Füllvokal (i)
sind wie bei einer Buchstaben-Lautbildschrift nötig, um Vokal- und
Konsonantenhäufungen sprechbar zu machen.
Damit Bildworte akustisch kurz sind, erhalten seltene Zeichen Silben-Lautwerte,
häufige Zeichen Einzel-Laute. Auch wenn auf ein Konsonanten-Zeichen
meist ein weiterer Konsonant folgt (also dazwischen ein Füllvokal zu sprechen ist),
erhält dieses Zeichen besser einen Silben-Lautwert.
Paar-Silbenschrift:
Eine Buchstabenschrift, bei der es zu jedem Konsonant nur 2 Silbenzeichen gibt.
Die nicht in diesen Silbenzeichen gesprochenen Vokale haben Buchstabenzeichen.
Beispiel mit dieser Lautbasis:
9 Konsonanten: t,k,p, l,n,m, s,∫,f 5 Vokale: i,u, e,a,o
Alle 18 Silben "Konsonant + i" und "Konsonant + u" (also ti,ki,pi ... tu,ku,pu ...) haben eigene Schriftzeichen.
Auch die Vokale e, a, o haben Schriftzeichen.
Ein Wort, bestehend aus den Silbenzeichen si-pi-tu, wird als sipitu gesprochen,
ein Wort, bestehend aus den Zeichen ti-a-ti als tiati.
Um Worte akustisch kurz zu halten, gibt es eine Ausfallregel:
ein u vor Vokalzeichen fällt aus.
Beispiel: Die Zeichenfolge tu-a-tu lautet tatu.
Man verkürzt so das Wort akustisch und vermeidet die unschönen Diphtonge ue, ua, uo.
Weitere Beispiele: Die Zeichenfolge tu-a-pu-a lautet tapa, su-o-pi lautet sopi,
su-e-fi lautet sefi. Aber ti-a-tu lautet tiatu, ein u am Wortende bleibt.
Auf den Füll-Konsonant j zwischen 2 geschriebenen Vokalzeichen kann
man nicht verzichten: Die Zeichenfolge a-a lautet aja, ti-ti-a-a lautet titiaja,
tu-a-a lautet taja. Ein Füll-Laut zwischen Konsonanten ist nicht nötig,
nach einem Konsonant wird ja immer ein i oder u gesprochen (oder ein Vokal,
der das u verdrängt).
Es gibt wie gesagt zu jedem Konsonant 2 Silbenzeichen, die mit diesem Konsonant beginnen.
Diese Eigenschaft nutzt man für folgende leicht merkbare Zuordnung Laute-Zeichen:
- Sich nach oben verengenden Zeichen werden die Silben ti, ki, pi zugewiesen,
den nach unten umgeklappten Zeichen die Silben tu, ku, pu
- Senkrechten, mittelsymmetrischen Strichen oder Strichkombinationen werden
die Silben lu, nu, mu zugewiesen, den entsprechenden linksbündig sitzenden Zeichen
die Silben li, ni, mi
- - Ein Silbenzeichen auf -u ist also immer aus einem Silbenzeichen
auf -i durch Verdrehen oder Verschieben hervorgegangen (Ausnahme: Zeichen mu/mi).
Mit si, ∫i, fi, su, ∫u, fu kann man noch 6 weitere Zeichen benennen.
Andere Sichtweise: Man könnte dieses Beispiel auch ansehen als Buchstaben-/Silbenschrift mit nur 9 Silbenzeichen
ti, ki, pi ... , 9 Konsonantenzeichen t, k, p ... , 3 Vokalzeichen e, a, o
sowie dem Füllvokal u und dem Füllkonsonant j
Bewertung: Für Lautbildschriften, die knapp doppelt so viele Zeichen wie Laute
haben sollen, und keine Konsonantenkombinationen, bietet sich obiges System an.
Lernaufwand
- Eine hohe Zeichenzahl wie bei einer Silbenschrift erhöht den Lernaufwand.
- Bei der Buchstabenschrift ist dieser Lernaufwand geringer - aber dafür
muß die Regel erlernt werden, wie man beim Lesen ggf. die Füll-Laute i/j
einfügt, damit manche Buchstabenfolgen besser sprechbar sind.
- Bei Positionsschriften setzt sich dieser Trend fort: der Lernaufwand
für Zeichen ist noch geringer, für Regeln noch höher.
Betrachtet man die Zeichen als die Hardware einer Schrift, die Regeln als
Software, so gilt:
Je mehr Aufwand man beim einen treibt, desto weniger ist
beim anderen nötig, und umgekehrt.
Einstiegsschwelle
Nur bei einer Silbenschrift ist die Einstiegsschwelle beliebig niedrig:
Man kann einem Schüler 2 oder 3 Plättchen mit Silbenzeichen geben und ihn
die Aussprache lehren. Dann kann er diese Plättchen beliebig kombinieren
und versuchen Bildwörter zu erfinden oder nachzulegen. Dabei kann er ein
gelegtes Bildwort immer richtig ausprechen als Folge der Einzelsilben.
Bei anderen Lautbildschrift-Arten wird ein Bildwort nicht immer exakt als
Folge der Zeichen gesprochen, wegen den Füll-Lauten bei Buchstabenschrift
und dem Lautwechsel von Zeichen bei Positionsschrift.
Eine geringe Einstiegsschwelle und ein geringer Lernaufwand sind von
großer sozialer Bedeutung, da möglichst alle Bevölkerungsgruppen die
Schrift beherrschen sollten - auch in Entwicklungsländern und in Notzeiten,
wenn Bildung verkümmert. Auch aus diesem Grunde sollte eine Schrift
möglichst interessant und unterhaltsam sein - eine Lautbildschrift ist
hier konkurrenzlos.
Gleichtakt Sprache-Schrift
Wenn man eine Buchstabenschrift verwendet, kann man jeden Laut eines
Diktats sofort nach dem Hören niederschreiben. (Bei einer Silbenschrift
müssen Mensch oder Maschine warten, bis die Silbe komplett ist).
Bei einer Buchstabenschrift sind also Sprache und Schrift in kleineren
Schritten synchronisiert als bei einer Silbenschrift.
Ein anderer Gesichtspunkt könnte aber wichtiger sein:
Nur bei einer Silbenschrift sind Sprache und Schrift gleichmäßig synchron:
So wie man Zeichen problemlos aneinanderfügen kann, kann man Silben
problemlos nacheinander sprechen ( bei geeigneter Silbenstruktur, z.B.
"Konsonant + Vokal" ): Die Silbenzeichen "ti", "ta", "ti" ergeben
problemlos das Wort "titati".
Aber bei einer Buchstaben-Lautbildschrift mit Füll-Laut i wird
die Zeichenfolge "ttat" als "titati" gesprochen. Man erkennt
die Diskrepanz zwischen Schrift und Sprache. Auch die einzelne Silbe
"ta" z.B. setzt sich nicht nahtlos aus den Lauten t und a zusammen:
spräche man beide Laute unverschliffen, käme nur ein abgehacktes "t-a" heraus.
Visualisierung und Geschwindigkeit
Hört man einen langsam gesprochenen Text einer Lautbildschrift, so kann
man ihn mit etwas Übung visualisieren (sich geschrieben vorstellen).
Das ist am leichtesten bei einer Silbenschrift möglich.
Der Gleichtakt von Sprache und Schrift und die Darstellung mehrerer Laute
durch ein Zeichen erleichtern das.
Bei anderen Lautbildschrift-Arten ist die Visualisierung langsamer.
Das weiß ich aus Erfahrung, es läßt sich aber auch durch ein Gesetz der experimentellen
Psychologie plausibel machen. Das Gesetz von Merkel (1885) besagt:
Die Reaktionszeit T einer Versuchsperson bei der Aufgabe, aus n
Gegenständen einen bestimmten auszuwählen, wächst logarithmisch mit n.
Messungen ergeben etwa T = 200 + 180 * log n [msec]
Beispiel: Bei einer Silbenschrift mit 8 Konsonanten und 4 Vokalen, was
32 Silben der Struktur "Konsonant + Vokal" ergibt, ist die Reaktionszeit
pro Silbe = 200 + 180 * 5 = 1100 msec
(weil Logarithmus dualis von 32 = 5 bzw. umgekehrt 2 5 = 32 )
Bei einer Buchstabenschrift mit 12 Buchstaben ist die entsprechende Reaktionszeit
für 2 Buchstaben = 2 * (200 + 180 * 3,6) = 1698 msec,
also gut 50 % höher.
Man könnte sagen, das Lesen einer Silbenschrift ist deshalb schneller,
weil dabei eine Art Parallelverarbeitung stattfindet (mindestens 2 Laute
werden gleichzeitig gelesen). Das Lesen einer Buchstabenschrift erfolgt
dagegen rein seriell.
Aber beim Lesen von Wörtern oder Texten ist die Reaktionszeit pro Zeichen geringer,
weil Wörter auch an ihrer Gesamt-Silhouette erkannt werden.
Silbenzeichen als Wörter
Bei einer Silbenschrift können einige oder alle Silbenzeichen Wörter sein.
Beispiel:
Dieses Ideogramm bedeutet "eilender Mensch". Es setzt sich aus 3
Silbenzeichen zusammen, die als einzelne Wörter "Winkel", "Welle" und
"Punkt" bedeuten.
Diese Tatsache, daß einzelne Silbenzeichen bereits Wörter sind, hat viele
Vorteile: Es erleichtert das Lernen der Zeichen (besonders wenn jemand
diese künstliche Sprache als Muttersprache hätte), das Lesen und besonders
das Visualisieren: Obiges Ideogramm ist tatsächlich eine Folge der Formen
"Winkel", "Welle", "Punkt"
Optische Qualität und Wortlänge
Silbenschriften haben sogar bei einem extrem einfachen Lautsystem mehr
Zeichen als die anderen Schriftarten. Prinzipiell ermöglichen sie damit
ausdrucksstärkere, elegantere, kompaktere, schneller schreibbare Bildsymbole.
Aber ein Bildwort darf akustisch nicht zu lang werden und darum nur aus
weniger (z.B. halb so vielen) Zeichen bestehen als bei einer Buchstabenschrift.
Aber manche Begriffe lassen sich mit einem einfachem Zeichensatz,
aber mehr Zeichen pro Ideogramm besser darstellen - dafür ist eine
Buchstabenschrift zweckmäßiger.
Am flexibelsten ist die Darstellung durch eine Stabschrift, wegen der
(außer in obiger Einfachversion) unbegrenzten Ideogrammgröße und der
Bildzusammensetzung aus kleinen Teilen (was den Ideogrammen eine eigene
Schönheit verleiht).
Das Ganze hängt auch vom Wortschatz ab (für Pflanzen ist eine vermutlich
eine andere Lautbildschrift optimal als für Physik) und der speziellen Schrift.
Die optische Leistungsfähigkeit einer Lautbildschrift kann man nur bewerten,
wenn man eine Anzahl Wörter und Sätze kennt. Nicht solche, die speziell
für diese Schrift ausgesucht wurden, sondern einen Grundwortschatz von
z.B. 350 Wörtern, der gleichmäßig alle Themenbereiche streift.
Die durchschnittliche akustische Wortlänge ist bei Stabschrift deutlich
länger als bei den anderen Schriftarten.
Phonetik
Bei allen Arten von (gut entworfenen) Lautbildsprachen ergeben sich
wohlklingende, phonetisch klare Wörter. Bei Silbenschriften läßt sich der
Silbenaufbau exakt steuern: z.B. nur Silben der Struktur "Konsonant
+ Vokal" ( phonetisch sehr klar, aber vielleicht zu eintönig), oder auch
Silben der Struktur "Konsonant + Diphtong" (z.B. mei, mai, moi).
Wichtig ist auch eine klare akustische Trennung von Wörtern, und von Sätzen.
Die übliche Wortpause (meist kurz oder fehlend) und der Akzent (immer
am Wortanfang oder immer am Wortende) reichen bei flüssigem Sprechen
nicht aus, um zu entscheiden, ob z.B. "ti ta ki" oder "ti taki"
oder "tita ki" oder "titaki" gesprochen wurde.
Man kann (nicht geschriebene) Partikel (Grammatikwörter) verwenden,
die Wort-, Spalten- und Satzgrenzen anzeigen. Hier ist eine Silbenschrift,
bei der jede Silbe und damit jedes Wort mit Konsonant beginnt und mit
Vokal endet, phonetisch besonders günstig: Man kann als Partikel vor
Wörtern einzelne Vokale, z.B. o, a, e verwenden, nach denen ein mit
Konsonant beginnendes Wort gut sprechbar ist. Der Satz "o tita a ki" z.B.
ist gut sprechbar und vom kundigen Hörer leicht und eindeutig in Wörter
zerlegbar.
Und auch vom Computer: Denn die Zerlegung eines solchen gesprochenen Satzes in Wörter
ist rein formal und systematisch durchführbar - wegen der klaren Phonetik.
In den meisten 'natürlichen' Sprachen dagegen sind Wortgrenzen im Satz nicht
rein akustisch erkennbar - der Hörer versucht unbewußt auch, den Satz nach
dem erfaßten Sinn zu rekonstruieren. Deshalb ist bei einer schlechten
Telefonleitung mit einer Silbenverständlichkeit von nur 10 % noch eine
Satzverständlichkeit von 42 % möglich - nur für Menschen, nicht für Computer.
Details zu diesen Fragen im Artikel über Lautsysteme für künstliche Sprachen
und den Beschreibungen einzelner Silben-, Buchstaben- und Positionsschriften.
Schönheit, Psyche
Optische und akustische Schönheit einer Lautbildschrift / Sprache sind
ein wichtiger Gesichtspunkt, aber auch geschmacksabhängig: Sind sehr
einfache, klare Bildworte, wie sie eine Silbenschrift ermöglicht, schöner
als die meist etwas aufwendigeren Worte einer Buchstabenschrift? Praktischer
sind kurze prägnante Bildworte auf jeden Fall - leichter zu schreiben, zu lesen und zu erinnern.
Man muß auf jeden Fall die geistig-seelische Bedeutung von Sprachlauten,
Schriften und Schreibverfahren in Betracht ziehen - es gibt genausowenig
eine wertneutrale Sprache oder Schrift, wie es keine wertneutrale Musik
oder Bilder gibt.
Technischer Aufwand
Eine Silbenschrift ermöglicht kompaktere Bildworte. Sie ist deshalb
schneller zu lesen und zu schreiben (wichtig bei Mitschriften) und
erfordert etwas weniger Platz bzw. Schreibmaterial ( Mittelalter: teures
Papier gespart; Computerzeitalter: mehr Text auf Bildschirm ).
Beim Druck mit Lettern benötigt man bei einer Silbenschrift viele
Arten von Lettern. (Die meisten Silbenzeichen ergeben aber umgedreht
ein anderes Silbenzeichen, genauso die meisten Buchstaben: die Zahl
verschiedener Lettern verringert sich also). Die Anzahl der insgesamt
benötigten Lettern ist aber bei einem Text in Silbenschrift weitaus
geringer, weil die Worte weniger Zeichen enthalten.
Eine Silben-Tastatur verdoppelt etwa die Tippgeschwindigkeit, erscheint
aber nur bei geringer Silbenzahl sinnvoll. Doch auch Silben lassen sich als
Einzellaute eintippen - dann ist die Tastatur minimal, aber dann erscheint
leider nicht jedes Zeichen auf einer Taste.
Computer-Eignung
Alle Arten von Lautbildschriften lassen sich problemlos auf einem
Computer-Bildschirm darstellen. Sind die Zeichen einmal in einem Computer-
Zeichensatz enthalten, so können Lautbild-Ideogramme auch in anderssprachigen
Texten zur Illustration verwendet werden. Sie sind leichter zu erstellen
(einfach eintippen) und benötigen weit weniger Speicherplatz als
normale Grafiken.
Der Speicherungsaufwand in Bit ist bei silbenweiser Speicherung am geringsten.
Diese Art der Speicherung ist bei allen Typen von Lautbildschriften machbar,
aber nur bei einer Silbenschrift ist sie völlig im Gleichtakt mit der Schrift
(1 gesprochen Silbe = 1 Silbenzeichen = 1 Zeichen im Speicher).
Für automatische Spracherkennung, die immer wichtiger wird, ist die phonetische
Klarheit entscheidend. Alle Arten von Lautbildschriften können auf einem
sehr klaren phonetischen System aufgebaut werden, mit einer begrenzten Zahl
klarer Silben, und phonetisch klaren Worten. Dann kann bei allen Arten die
silbenweise Spracherkennung durchgeführt werden, die einfacher und zuverlässiger ist
als andere Methoden, weil jede Silbe eine Stelle hoher Schallintensität ist,
die von anderen Silben durch Lücken mit niedriger Schallintensität getrennt ist.
(Bei den meisten natürlichen Sprachen, außer z.B. Japanisch,
ist das wegen der großen Silbenzahl und Silbenverschleifung wie in "kann-nicht"
nicht möglich)
Auch für die logische Textverarbeitung per EDV sind allgemein künstliche
Sprachen ohne Wortveränderung vorteilhaft, weil dann bei der Suche nach
einem Begriff, z.B. "Haus", nicht auch nach den anderen Wortformen, z.B.
"Häuser" gesucht werden muß.
Andere Einteilung: nach Schriftelementen
Wir haben Lautbildschriften bisher nach dem Zahlenverhältnis Zeichen : Laute klassifiziert.
Stattdessen kann man sie auch nach den optischen Elementen der Schrift klassifizieren:
- Punkte
- gerade Striche (senkrecht, waagrecht, schräg)
- Bögen
Praktikabel sind Schriften,die nur aus Punkten oder nur aus Strichen bestehen (Beispiele oben).
Schriften nur aus Bögen sind ziemlich ungeeignet zur Darstellung vieler Dinge,
aber Schriften mit vielen Bögen können sehr schwungvoll und ästhetisch wirken.
Die präziseste Darstellung erlauben Schriften mit Punkten, geraden Strichen und Bögen.
Letzte Änderung: 14. 1. 2013